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Wir hatten letzten Monat Besuch von Birgit, der Patenmama von Apeksha. Ich hatte die Ehre, sie herumzuführen und ihr unser Heim zu zeigen. Ich durfte schon einige Besucher*innen im Angels Home begleiten – Reisegruppen sowie Pateneltern. Dabei ist mir folgendes aufgefallen: Es gibt die einen, die sich einfach herumführen lassen und in Ruhe zuhören, und auf der anderen Seite gibt es die, die interessierte Fragen stellen, Gesagtes hinterfragen und ihre Gedanken mit uns teilen. Mir sind tatsächlich die Personen lieber, die uns Löcher in den Bauch fragen. Ruhige Personen können mich im Allgemeinen mit ihrer Stille verunsichern.
Birgit gehört zu den interessiert fragenden Besucher*innen. Ihre Fragen und Impulse (Gesagtes oder laut ausgesprochene Gedanken) regen auch mein eigenes Denken an und lassen mich die Dinge hinterfragen. In den meisten Fällen lerne ich dabei noch etwas Neues, sehe Dinge klarer oder kann bestimmte Sachen konkreter begründen oder erklären.
Ich habe Birgit also das Heim gezeigt, und wie bei jeder Tour begann ich unten im Haus. Der Schlafraum 1 befindet sich bei uns im Erdgeschoss und gehört zu den interessantesten Räumen. Ich muss gestehen, dass auch die Schlafräume für mich zu den spannendsten Bereichen gehörten, als ich sie das erste Mal gesehen habe. Es ist schon sehr interessant, wie 56 Mädchen in einem Haus in Sri Lanka schlafen. In unserem Angels Home gibt es insgesamt drei Schlafräume mit jeweils 18 bis 22 Schlafplätzen in Form von Doppelstockbetten. Im unteren Schlafraum bestehen die Betten aus Beton, damit die Termiten und die Salzluft die Betten nicht angreifen und wir sie länger erhalten können. In jedem Schlafzimmer stehen wirklich nur die Betten.
Ich fing also an, darüber nachzudenken, warum es für Birgit und mich so wichtig ist, Kindern ihr eigenes Zimmer Zuhause zu ermöglichen. Mir wurde klar, dass es nicht um das eigene Zimmer als solches geht, sondern um die daraus resultierende Rückzugsmöglichkeit. Kindern sollte meiner Meinung nach die Möglichkeit gegeben werden, sich zurückzuziehen, wenn sie das möchten. Rückzugsmöglichkeiten bieten den Raum, sich eine individuelle Auszeit zu nehmen, helfen Stress abzubauen, ermöglichen Erholung und Entspannung, fördern die Kreativität und bieten Raum für Selbstreflexion. In meiner Ausbildung zur Erzieher*in hatten wir auch Recht als Fach und auch dort wurde das Thema Privatsphäre aufgegriffen. In Deutschland ergibt sich das Recht auf Privatsphäre und Rückzug für Kinder sowohl aus der internationalen UN-Kinderrechtskonvention als auch aus nationalem Recht wie dem Grundgesetz und dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Kinder haben das Recht, in einem sicheren Umfeld zu leben, das ihre Privatsphäre respektiert, und in dem sie auch die Möglichkeit haben, sich zurückzuziehen.
Jetzt ist es natürlich schwierig, einen solchen Raum für 56 Kinder in einem Heim in Sri Lanka zu schaffen. Was ich bisher gesehen und mitbekommen habe, ist, dass mehrköpfige Familien hier in Sri Lanka oft in kleinen Hütten leben und nur wenige sich den Luxus eines Hauses mit mehreren oder genügend Räumen leisten können. Natürlich gelten in Sir Lanka auch ganz andere Gesetzte. Schließlich herrschen hier andere Rahmenbedingungen, die solche Gesetze könnten hier schwer umgesetzt werden.
Fokussieren wir uns auf das Positive!
Ich empfinde unseren großen Garten als Bereicherung, auch im Hinblick auf Rückzugsmöglichkeiten. Der Garten bietet Raum, sich etwas zurückzuziehen und nicht das Gefühl zu haben, „beobachtet zu werden". Was ich bisher beobachten konnte, ist, dass Singalesen, zumindest Mädchen und Frauen, gerne in Gesellschaft sind und ich selten ein Mädchen oder das Personal allein irgendwo sitzen sieht. Kleinere Aufgaben oder Wege müssen gemeinsam erledigt werden. So ist der riesige Garten ein Luxusgut für die Mädchen.
Dank dem Impuls von Birgit, freue ich mich einige Mädchen irgendwo versteckt im Garten spielen zu sehen. Auch wenn die kleineren gerne etwas Aushecken. Ich schätze die Situation erstmal von weitem ein und wäge ab, ob meine Gesellschaft erwünscht ist oder sie eher ihre Ruhe haben möchten.
Insgesamt kann ich sagen, dass das enge Zusammenleben definitiv die Sozialkompetenz fördert und stärkt. Ich kann von mir selbst sprechen, dass mir mein persönlicher Rückzugsort fehlt. Es ist eine der Dinge, auf die ich mich freue, wenn ich wieder zurück bin. Bis dahin genieße ich den Trubel und das enge Zusammenleben im Angels Home.
Bis dahin!
Nina