Von Mina auf Sonntag, 02. Februar 2025
Kategorie: Mitten im Geschehen

Abschiede und Neuankömmlinge

​Das Leben im Angels Home ist geprägt von einem ständigen Kommen und Gehen. Nicht nur wir Freiwilligen wechseln alle paar Monate, sondern auch die Kinder. Ich durfte jetzt schon ein paar Abschiede und das Ankommen von neuen Bewohnerinnen miterleben. Vor ein paar Wochen sind zwei neue Kinder angekommen und obwohl sie anfangs etwas schüchtern waren, haben sie sich erstaunlich schnell eingelebt. Das liegt vor allem an den anderen Kindern, die sie sofort mit offenen Armen empfangen haben. 

Und wieder mal habe ich beobachtet: Hier kümmert sich jeder um jeden – es gibt immer eine helfende Hand, eine herzliche Umarmung oder jemanden, der ihnen zeigt, wie der Alltag hier funktioniert. Diese Fürsorge untereinander ist beeindruckend und lässt mich jedes Mal wieder staunen.

Während die neuen Kinder ihren Platz im Heim finden, mussten sich einige andere verabschieden. Anders als bei den Neuen, die mit Neugier und Aufmerksamkeit empfangen werden, wird über den Abschied wenig gesprochen.

Für die Kinder selbst ist dieser Abschied ein zweiseitiges Gefühl. Auf der einen Seite ist da die Freude, nach Hause zu den Eltern zu gehen und sich auf die eigene Familie zu freuen. Doch gleichzeitig ist da die Trauer, ihre „Schwester" zu verlassen, mit denen sie hier so viel geteilt haben und die auch irgendwie wie eine große Familie sind.

Es gibt kein festes Abschiedsritual: Zwei der Kinder sind während der Schulzeit gegangen, ohne einen „offiziellen" Abschied. Ein anderes Mädchen hingegen hat sich bewusst verabschiedet. Sie hat jedes einzelne Kind umarmt und sich auch vom Personal persönlich verabschiedet. Ihr Platz blieb plötzlich leer, und für die anderen ging der Alltag weiter, als wäre nichts gewesen. Und doch spürt man eine Veränderung – an leeren Schränken, an einem Bett, das plötzlich nicht mehr belegt ist und an der Stille, die jemand hinterlässt.

Ich habe mich gefragt, warum das so ist. Vielleicht, weil die Kinder es gewohnt sind, dass Menschen kommen und gehen. Während manche Mädchen ihre gesamte Kindheit im Angels Home verbringen, bleiben manche nur wenige Monate. Vielleicht, weil ein großer Abschied zu schmerzhaft wäre. Die Kinder wachsen hier zusammen auf und verbringen teilweise Jahre lang jeden Tag Seite an Seite. Das verändert sich dann plötzlich von einem Tag auf den anderen. Oder vielleicht, weil das Leben hier weitergeht und man sich auf das konzentriert, was bleibt.

Für mich ist es schwer zu verstehen, dass Abschiede hier so wenig Raum bekommen. Doch hier scheint der Fokus mehr auf dem Jetzt zu liegen – auf den Kindern, die noch da sind, auf dem Alltag, der weitergeht. Und das ist vielleicht auch eine wertvolle Lektion: Abschiede gehören zum Leben, aber das Ankommen und Willkommenheißen ist mindestens genauso wichtig!

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